Was gefällt dir am Besten bei uns?
Mir gefällt die freie Einteilung, dass wir uns selbst organisieren dürfen und auch sollen, dass unsere Meinung eingefordert und wertgeschätzt wird. Außerdem gefällt mir das Miteinander im Team, dass hier alles auf Augenhöhe stattfindet und man keine Hierarchien spürt. Man darf auch mal etwas nicht wissen und nachfragen; alle Kollegen nehmen sich Zeit, einem etwas zu erklären, selbst wenn man öfter nachfragt – man fühlt sich nie dumm dabei.
Die Kommunikation ist hier offen und ehrlich. Ich kann auch Kritik äußern, ohne gleich Angst vor Ärger oder sogar einer Abmahnung zu haben. Ich darf auch mal ein Privatleben mitbringen und es wird sogar danach gefragt, wenn es einem vielleicht mal nicht gut geht – man darf einfach Mensch sein.
Gerade wenn wir Palliativpatienten haben, wird gemeinsam im Team und mit den Angehörigen geschaut, was der Patient wirklich will und gut für diesen ist. Im Idealfall weiß man natürlich, was der Mensch wollte, wenn aber nicht wird immer geschaut, was das Beste für den Menschen ist.
Unser Chef Mehmet nimmt uns hier bei allen Entscheidungen mit, erklärt jede ethische und medizinische Entscheidung und lässt keinen im Team im Stich. Wir können uns hier im Team aufeinander verlassen und all unser Wissen und Erfahrungen einbringen.
Bitte erzähle uns von den besten Momenten / Erfahrungen, die du bei uns erlebt hast.
Wir haben einen bettlägerigen und tracheotomierten Patienten als Palliativpatienten aufgenommen bzw. vom Krankenhaus übergeben bekommen. Nachdem wir ihn kennengelernt und seine Ressourcen erkannt haben, konnten wir gemeinsam einen Plan zur Förderung und zum Erhalt seiner Fähigkeiten erarbeiten. Gemeinsam haben wir an seiner Zukunft gearbeitet und ihn nicht abgeschrieben. Nach vier Monaten ging es ihm so gut, dass er laufend und ohne Kanüle in die Pflege nach Hause entlassen werden konnte.
Die Tatsache, dass wir hier die Ressourcen und Zeit haben, uns so ausgiebig um eine Person zu kümmern, kurz gesagt, die Rahmenbedingungen, ist für mich eine neue Erfahrung.
Ein Patient mit palliativer Prognose kam zum Sterben zu uns. Er wurde hier trotz seiner schweren Erkrankung von Anfang an in den Tagesablauf eingebunden. Als sich sein Zustand nach einigen Monaten verschlechterte, haben wir erneut ein Familientreffen veranstaltet, ihn mobilisiert und ihm ermöglicht, mit seiner ganzen Familie auf dem Balkon Kaffee und Kuchen zu genießen. Er konnte sogar noch eine letzte Zigarette rauchen und so einen wundervollen Tag verbringen. Dabei wird immer versucht, alles möglich zu machen, was beim ersten Gedanken vielleicht unmöglich erscheint.
Ich habe auch meine Facharbeit hier geschrieben, in der Angehörigenarbeit hierzu habe ich von den Angehörigen so viel Vertrauen erfahren dürfen und Dinge über einen Bewohner erfahren, was mir persönlich sehr viel bedeutet hat. Angehörige und Bewohner auf diese Art noch besser und näher kennenzulernen als im Alltag ohnehin schon, ist unbeschreiblich.
Findest du, dass unsere Bewohner gut versorgt sind?
Ja, auf jeden Fall. Ich kann es mir nicht besser vorstellen. Die Bewohner werden bei allen Entscheidungen und der Pflege einbezogen, wir merken immer wieder, dass dies für die Bewohner leider oft nicht normal ist. Ich kann mir fast keine bessere Versorgung vorstellen, zumindest abseits der eigenen vier Wände.
Wir hatten schon Angehörige, die vor Freude geweint haben, weil sie mit in die Pflege durften und es nicht kannten. Die Angehörigen können jederzeit alle Fragen äußern oder auch einfach mit Ängsten und Sorgen zu uns kommen. Die Verbindung, die wir hier zu manchen Angehörigen auch über den Tod der Bewohner hinaus haben, ist erfüllend. Ich würde meine Angehörigen uneingeschränkt hier versorgen lassen.
Wie viel Spaß macht dir die Pflege bei uns? Hast du genug Zeit für deine Bewohner?
Die Pflege macht mir sehr viel Spaß. Ich gehe zufrieden und erfüllt nach Hause. Die Angst vor dem nächsten Arbeitstag, welche ich manchmal hatte, ist weg. Ich freue mich auf jeden weiteren Tag und vor allem werde ich mir selbst und meinen Ansprüchen wieder gerecht.
Hast du dich seitdem du bei uns arbeitest weiterentwickelt?
Ja, sowohl persönlich als auch mit Zertifikat 😊. Ich habe hier schon nach kurzer Zeit die Möglichkeit erhalten, eine große Weiterbildung zu machen. Auch wenn ich Mehmet und die anderen hier regelmäßig verflucht habe für das, was sie mir hier zumuten, und nicht nur einmal an meiner Weiterbildung und mir gezweifelt habe, bin ich im Rückblick total dankbar für das Vertrauen, das mir hier entgegengebracht wurde. Hier wurde etwas in mir gesehen, was ich selbst noch nicht gesehen habe.
Auch, dass ich meine Facharbeit ohne Sorgen und Bedenken den Kollegen und meinem Chef zum Korrekturlesen geben konnte, hat mir ungemein den Rücken gestärkt.
Ich lerne hier immer wieder Neues, nicht nur Medikamente auch Untersuchungen. Inzwischen kann ich in einem Ultraschall auch etwas erkennen oder in einem EKG die Ausschläge besser deuten, womit ich vorher einfach nichts zu tun hatte. Mein Wissen über Medikamente und deren Wechselwirkungen ist viel tiefer geworden, als es je zuvor war. Insgesamt fühle ich mich in allem, was ich tue, sicherer als vorher – Grundgestärkt.
Es hat mich daher im Leben weitergebracht, dass ich die Pflege nicht hingeschmissen habe. Das wäre wahrscheinlich der nächste Schritt gewesen. Ich habe wieder Spaß an meinem Beruf und freue mich auf jeden weiteren Tag.
Wie zufrieden bist du mit dem Gehalt und den Zulagen?
Ich bin grundsätzlich zufrieden. Natürlich geht immer mehr und ich würde lügen, wenn ich etwas anderes sagen würde. Mir ist die Work-Life-Balance grundlegend wichtiger, und ein höheres Grundgehalt bekomme ich auch woanders nicht. Im Gegenteil, ich habe schon weit mehr für weniger gearbeitet.
Wie ist die Stimmung im Team?
Die Stimmung im Team ist spitze. Wir lernen viel mit und voneinander, alle Charaktere finden Platz, egal ob laut oder leise. Probleme werden hier kommuniziert, nur so kann man sie lösen, das macht uns insgesamt zu einem sehr starken Team. Wo sitzt man sonst gerne nach Feierabend oder auch mal am Freien Tag noch zusammen bei einer Zigarette?
Wie wird bei der Dienstplangestaltung auf deine Wünsche eingegangen?
Es wird immer geschaut, dass meine Wünsche berücksichtigt werden. Ich habe noch nie ein Wunschfrei abgelehnt bekommen. Wenn ich mal nicht meine bevorzugten Frühdienste bekomme, wird das mit mir besprochen und ich weiß, im kommenden Monat gleicht es sich wieder aus. Insgesamt kann ich mich auf die Planung verlassen.
Ich hatte noch nie so viel Zeit für Freizeit wie jetzt. Meine freien Tage sind wirklich frei, und wenn ich nach Hause gehe, bin ich noch fit, und ich brauche nicht die Freizeit zur Vorbereitung auf den neuen Arbeitstag.
Was schätzt du an deinen Führungskräften bzw. deinem Arbeitgeber?
Ich schätze an meinem Arbeitgeber die Wertschätzung, Offenheit, Toleranz und das Interesse an mir als Mensch. Den gesamten Umgang miteinander. Dass man gezielt nach meiner Meinung und meinem Wissen fragt und mich einbindet. Hier wird nichts über meinen Kopf hinweg entschieden, dieser respektvolle, freundliche Umgang miteinander ist etwas Besonderes.
Würdest du deinen Freunden eine Stelle im Unternehmen empfehlen?
Ja, auf jeden Fall. Leider trauen sich zu wenig Leute aus meinem Bekanntenkreis an die Intensivpflege. Oft habe ich das Gefühl, dass Pflegekräfte ausgebrannt sind, sie wollen im Alltagsstress nicht noch etwas Neues lernen, haben Angst oder Respekt vor der Verantwortung und der Herausforderung. Ich kann hier nur jedem Mut zusprechen, den Schritt zu gehen – es lohnt sich.